75 JAHRe, 1946–2021. Von Karteikarten zur Online Datenbank
Raum 1
1940er. Burchards Box und die Geburt des Census
Bereits vor der Gründung des Census begannen der deutsche Kunsthistoriker Ludwig Burchard und sein Assistent Alfred Scharf Informationen zur Kenntnis der Antike im 16. und 17. Jahrhundert auf Karteikarten zusammenzutragen. Dieser Raum widmet sich den Karteikarten sowie der frühen Korrespondenz zwischen Richard Krautheimer und Fritz Saxl, aus der erste Ideen für einen Census of Antiquities Known in the Renaissance hervorgehen.
Raum 2
1940er-70er. Bober und Rubinstein: Karteikarten und Fotografien
Der Census wurde Wirklichkeit als die US-amerikanische Archäologin Phyllis Bober 1947 dazustieß. Bober entwickelte und erweiterte den Census in Zusammenarbeit mit der Photographic Collection des Warburg Instituts, indem sie Karteikarten nach London schickte, wo diese passenden Fotos zugeordnet wurden. Nach 1957 arbeitete sie mit ihrer in England lebenden Kollegin Ruth Rubinstein zusammen. Dieser Ausstellungsraum widmet sich den Arbeitsmethoden der beiden Frauen.
Raum 3
1981–3. Phyllis Bober und die Digitalisierung des Census
Phyllis Bober hatte seit den 1940er-Jahren an einer analogen Version des Census gearbeitet. Wie würde sie mit der Digitalisierung in den 1980er-Jahren umgehen? Briefe aus Bobers Archiv in Bryn Mawr werfen Licht auf ihre Beiträge an diesem Prozess.
Raum 4
1980er bis heute. Die Census-Datenbank
Die Datenbank hat seit ihren Anfängen in den 1980er-Jahren viele technische Veränderungen durchlaufen, gleichzeitig ist ihr Inhalt exponentiell gewachsen. Dieser Ausstellungsraum fasst diese Entwicklungen in einer Zeitleiste zusammen und visualisiert die aktuellen Inhalte der Datenbank.
Zeitleiste des Census: 1945–2020er
1945
Richard Krautheimer, der gemeinsam mit Trude Krautheimer-Hess an einer Monographie über Lorenzo Ghiberti arbeitet, schlägt Fritz Saxl vor, einen Korpus der im 15. Jahrhundert bekannten Antiken zusammenzutragen. Saxl stimmt der Idee zu und entwickelt sie gemeinsam mit Krautheimer während eines USA-Aufenthalts im Jahr 1946.
1946
Krautheimer und Saxl nehmen die Planung des Census auf. In einem Brief an Saxl aus dem Mai 1946 umreißt Krautheimer Umfang und Ziele des Projekts, das literarische Quellen und figurative Bilder zusammentragen soll, die die in der Renaissance bekannten Antiken dokumentieren. Das Projekt wird von Beginn an als Kooperation zwischen der New York University und dem Warburg Institute konzipiert. Beide Institutionen sollen eine Kopie des Census in Form duplizierter Karteikarten und dazugehöriger Fotografien erhalten.
Im September schreibt Saxl an Krautheimer und informiert ihn, dass die amerikanische Archäologin Phyllis Bober angeboten habe, im kommenden Januar ihre Mitarbeit am Census aufzunehmen.
1949–54
1957–72
1957 übernimmt Ruth Rubinstein die Verantwortung für den Census auf Seiten der Photographic Collection des Warburg Institutes.
Die Karteikarten und Fotografien werden weiterhin doppelt zusammengetragen, eine Version befindet sich am Warburg Institute, die andere an der NYU. Die Zusammenarbeit zwischen dem Warburg Institute und der NYU besteht bis 1972, als Bober New York verlässt und einem Ruf als Dekanin und Professorin nach Bryn Mawr folgt.
1978
Michael Greenhalgh von der Universität Leicester schlägt vor, den Census zu digitalisieren.
1981–84
1981 stößt die Bibliotheca Hertziana zum Census-Projekt hinzu, das nun auch architektonisches Material umfasst. Der Census erweitert zudem den dokumentierten Zeitraum auf 1550.
1981 wird Arnold Nesselrath Direktor der Digitalisierung. Seit 1982 unterstützt das Art History Information Program der J. Paul Getty Foundation die Digitalisierung des Census am Warburg Institute und an der Bibliotheca Hertziana in Rom. Die Stiftung finanziert die Anschaffung von Maschinen sowie die Programmierung der Software durch Rick Holt.
Arnold Nesselrath folgt schließlich Phyllis Bober als Direktor des Census.
1986
Phyllis Bober und Ruth Rubinstein veröffentlichen Renaissance Artists and Antique Sculpture: A Handbook of Sources, eine Quellensammlung, die von ihnen über Jahrzehnte gesammeltes Census-Material enthält.
1996
Der Census zieht an die Humboldt-Universität zu Berlin, wo eine Professur für die Leitung des Census eingerichtet wird. Arnold Nesselrath ist erster Inhaber des Lehrstuhls.
1996–2002
Das Projekt erhält finanzielle Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung.
2003–17
Das Projekt erhält finanzielle Förderung durch die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
2020
Kathleen Christian wird als Professorin und Leiterin des Census an das Institut für Kunst- und Bildgeschichte berufen.
Bibliographie
Bartsch, Tatjana (2008). Distinctae per locos schedulae non agglutinatae – Das Census-Datenmodell und seine Vorgänger, in: Pegasus. Berliner Beiträge zum Nachleben der Antike 10, S. 223–260
Bober, Harry (1962). The Gothic Tower and the Stork Club, in: Arts and Sciences: Ideas, Issues, and People in the University World, S. 1–8
Bober, Phyllis P. (1952). Letter to the Editor, in: The Art Bulletin 34, S. 253
Bober, Phyllis P. (2002). Before and After the Census of Antique Works of Art and Architecture Known to Renaissance Artists, in: The Italian Renaissance in the Twentieth Century, herausgegeben von Allen J. Grieco, Michael Rocke und Fiorella Giofreddi Superbi, Florenz, Leo S. Olkschki, S. 375–385
Bober, Phyllis P. (1963). The Census of Antique Works of Art Known to Renaissance Artists, in: Renaissance and Mannerism. Studies in Western Art, Vol. 2, S. 82–9
Bober, Phyllis P. (1977). The Coryciana and the Nymph Corycia, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 40, S. 223–239
Bober, Phyllis P. (1989). The Census of Antiquities Known to the Renaissance: Retrospective and Prospective, in: Roma, centro ideale della cultura dell’Antico nei secoli XV e XVI da Martino V al Sacco di Roma 1417–1527, herausgegeben von S. Danesi Squarzina. Mailand: Electa, S. 372–381
Bober, Phyllis P. (1995). A Life of Learning, in: American Council of Learned Societies Occasional Papers, S. 30
Bober, Phyllis P. and R. Rubinstein (1986). Renaissance Artists and Antique Sculpture. A Handbook of Sources. London und Oxford, Harvey Miller Publishers und Oxford University Press. Überarbeitete Ausgabe herausgegeben 2011
McEwan, Dorothea (2012). Fritz Saxl. Eine Biografie: Aby Warburgs Bibliothekar und erster Direktor des Londoner Warburg Institutes. Wien, Köln und Weimar: Böhlau Verlag
Nesselrath, Arnold (1994). The Census of Antique Works of Art and Architecture Known to the Renaissance, in: Automatic Processing of Art History Data and Documents, Papers, vol. 2, herausgegeben von Laura Corti, Pisa, Scuola Normale Superiore, S. 83–96
Nesselrath, Arnold (1993). The Census of Antique Works of Art and Architecture Known to the Renaissance, in: Archeologia e calcolatori 4, S. 23–27
Nesselrath, Arnold (2015). The Afterlife of “Nachleben”. The Census of Antique Works of Art and Architecture Known in the Renaissance, in: The Afterlife of the Kulturwissenschaftliche Bibliothek Warburg, herausgegeben von Uwe Fleckner und Peter Mack (Vorträge aus dem Warburg-Haus 12), Berlin, De Gruyter, S. 187–199, 245–247
Nijkamp, Lieneke, Koen Bulckens und Prisma Valkeneers (Hrsg.) (2015). Picturing Ludwig Burchard 1886–1960: a Rubens Scholar in Art-Historiographical Perspective, Turnhout, Harvey Miller
Rubinstein, Ruth (1984). The Census of Antique Works of Art Known in the Renaissance, in: Colloquio sul riempiegodei sarcofagi romani nel medioevo, Pisa 5.–12. September 1982, herausgegeben von Bernard Andreae und Salvatore Settis, Marburg/Lahn: Verlag des kunstgeschichtlichen Seminars, S. 289–290
Trapp, Joseph B. (1999). The Census: its Past, its Present and its Future, in: Pegasus. Berliner Beiträge zum Nachleben der Antike 1, S. 11–21
Ausstellungsorganisator*innen
Seminarteilnehmer*innen und Ausstellungsorganisator*innen: Kathleen Christian (Humboldt-Universität, Seminarleiterin); Ioana Dumitresci, Emily La Vay, Christopher Lu, Antonia Rosso, Zahra Syed (MA-Studierende, Warburg Institute); Pia Ambrosius, Agnete Bay, Ariana Binzer, Tim Boroewitsch, Leonie Engel, Marie Erfurt, Friedrich Fetzer, Marina Goldinstein, Helene Hellmich, Eva Karl, Matteo Anthony Kramer, Anna Latzko, Sarah Letzel, Maria Elisabeth Lehmann, Ayami Mori, X. Tuan Pham, Valentina Plotnikova, Leetice Posa, Claire-Elisa Rüffer, Lucy Salmon, Hannah Sommer, Sophie Steiner, Lidia Strauch, Elisa Tinterri, Radu Vasilache, Bahar Yerushan, Zhichun Xu (BA-Studierende, Humboldt-Universität zu Berlin).
Danksagungen
Diese Ausstellung wurde als gemeinsames Projekt der Humboldt-Universität zu Berlin und des Warburg Institutes in London von Bachelor-Studierenden der Kunst- und Bildgeschichte in Berlin und Master-Studierenden in London entwickelt. Das Projekt entstand im Rahmen eines von Kathleen Christian geleiteten Seminars im Wintersemester 2020/21 an der Humboldt-Universität, das aufgrund pandemiebedingter Einschränkungen online stattfand. Es hätte nicht ohne die großzügige Unterstützung jener geschehen können, die die Seminarsitzungen mit Interviews über Zoom, der Gewährung von Zugang zu Archivmaterial oder Fotografien und auf andere, vielfältige Weise bereichert haben. Die Organisator*innen möchten insbesondere den folgenden Personen danken (in alphabetischer Reihenfolge): Daan Bachman, Jonathan Bober, Horst Bredekamp, Rembrandt Duits, Franz Engel, Meral Karacaoglan, Simon Kwauka, Elizabeth McGrath, Eckard Marchand, Jennifer Montagu, Luise Mörke, Arnold Nesselrath, Lieneke Nijkamp, Caspar Pearson, Martin Price, Ursula Price, Eric Pumroy, Clara Sawatzki, Bill Sherman, Paul Taylor und Claudia Wedepohl.
Zeichnungen: Bahar Yerushan
Webdesign: stark.marketing Heidelberg