Epigraphic Database Roma (EDR)
Bei den Antiquaren der Renaissance erregten vor allem antike Monumente mit Inschriften wegen ihres zweifachen Werts – des künstlerischen und des historischen – besonderes Interesse. Diese Denkmäler wurden von Forschern und Künstlern in Syllogen gesammelt. Zunächst erschienen die epigraphischen Texte Seite an Seite mit Briefen, Gebeten oder kurzen Traktaten, später erhielt die Transkription einzelner Texte verstärkt wissenschaftlichen Charakter, indem genauer auf die Textgestalt und auf die Wiedergabe der physischen Medien der Inschriften geachtet wurde. Die Inschriften wurden somit nicht mehr nur als Texte, sondern als eigene Monumentgattung angesehen.
Die Arbeit, die Dr. Antonella Ferraro, gefördert vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), am Census durchführte, zielte darauf, die Methoden der Antiquare und Erforscher der Antike zu rekonstruieren und dabei besonders auf die bildliche Wiedergabe epigraphischer Monumente in ihren Sammlungen und eigenen Werken zu achten. In einigen Fällen sind ihre Zeichnungen oder Transkriptionen die einzigen Zeugnisse von Originalen, die selbst zerstört wurden oder verloren gingen. Wenn das Original jedoch erhalten ist, erlaubte der Abgleich mit den handschriftlichen Quellen Veränderungen des Erhaltungszustands zu erkennen oder willkürliche Eingriffe (mit verfälschenden Absichten?) des frühneuzeitlichen Zeichners bzw. Schreibers zu identifizieren.
Die Census-Datenbank verzeichnet derzeit rund 870 lateinische Inschriften auf Bauwerken, Basen, Altären oder einfachen Tafeln aus ganz Italien, dokumentiert in zahlreichen humanistischen Syllogen, welche die ideale Materialbasis für diese Studie darstellten.
In den vier Monaten am Census (1. Februar bis 31. Mai 2017) kontrollierte Antonella Ferraro alle diese Inschriften in der Census-Datenbank und legte entsprechende Datensätze in der Epigraphic Database Roma (EDR) an, wo noch keine vorhanden waren. Diese Datenbank ist Teil des internationalen Netzwerks epigraphischer Datenbanken EAGLE (Electronic Archive of Greek and Latin Epigraphy), das sich zum Ziel gesetzt hat, alle vor dem 7. Jahrhundert entstandenen griechischen und lateinischen Inschriften aus Rom, vom italienischen Festland, aus Sizilien und Sardinien gemäß der zuverlässigsten Dokumentation zu verzeichnen und dabei gegebenenfalls bereits bestehende Daten und Abbildungen durch neue Informationen zu ergänzen. Die Ergebnisse der Katalogisierung sind unmittelbar und frei über beide Portale online zugänglich.
Durch die Analyse der gesammelten Daten und in Vergleich mit anderen Fallstudien ist es nun möglich, den modus operandi der Antiquare und Künstler, die die im Census verzeichneten lateinischen Inschriften zusammentrugen, nachzuzeichnen und die Motive ihrer stilistischen Entscheidungen zu ergründen.